Artikel aus: "ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN" -ONLINE ( 02. September 2003 )
Alexandra
Gandi zurückgetreten
Ida Jarcsek-Gaza ist jetzt DSTT-Intendantin
Temeswar (ADZ) - Alexandra Gandi, Regisseurin und Intendantin des
Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT) ist am vergangenen Wochenende als
DSTT-Intendantin zurückgetreten. Sie wurde durch Verfügung des
Kreisratsvorsitzenden Dan Ioan Sipos ab sofort durch Ida Jarcsek-Gaza abgelöst.
Ida Jarcsek-Gaza war in den letzten Jahren Lehrstuhlinhaberin für
Schauspielkunst in deutscher Sprache an der Musikfakultät der West-Universität
Temeswar. Die nahezu zweijährige Intendantur von Alexandra Gandi am DSTT war
geprägt von zahlreichen spontanen und sehr persönlich geprägten Reaktionen und
Aktionen der Theaterleitung, wodurch theaterinterne Spannungen und Skandale
sowie Prozesse entstanden, wo das Theater meist den Kürzeren zog.
Spielzeitgestalterisch vermisste man ein Konzept und die Intendantur war vor
allem durch Improvisationen geprägt sowie durch den Versuch, einer ungebremsten
Romänisierung des DSTT freien Lauf zu lassen, was den (nicht unumstrittenen)
öffentlichen Protest einer Reihe deutscher Intellektueller hervorrief. Alexandra
Gandi schaffte es schliesslich, auch über lange Zeit so standfeste Unterstützer
wie den deutschen Konsul Klaus-Peter Marte gegen sich umzustimmen, insbesondere
als Folge der unernst vorbereiteten Festlichkeiten zum 50jährigen Bestehen des
DSTT. Letztendlich entzog ihr auch der Kreisratspräsident Dan Ioan Sipos sein
Vertrauen und ernannte ad interim (bis zur Postenausschreibung durch den
Kreisrat) Ida Jarcsek-Gaza zur Intendantin des DSTT. .....mehr
zur
Ida Jarcsek-Gaza
Artikel aus: "BANATER ZEITUNG" vom 10. September 2003
"Dem Theater wieder Profil geben"
Gespräch mit der neuen DSTT-Intendantin, Ida Jarcsek-Gaza
1970 hat sie die deutsche Schauspielabteilung der Bukarester
Theaterhochschule absolviert und seit damals ist sie dem Temeswarer Publikum in
über 60 Rollen auf der Bühne des Deutschen Staatstheaters Temeswar bekannt. Ida
Jarcsek-Gaza ist seit vergangener Woche Intendantin des DSTT, eine
Kultureinrichtung, die in den letzten dreißig Jahren mit ihrem und dem Namen
ihrer Schwester, Ildiko Jarcsek-Zamfirescu, eng verbunden ist. Über die
derzeitige Lage des DSTT, wie auch über die Anliegen und Vorhaben der neuen
Theaterintendantin sprach BZ-Redakteur Dan Cãrãmidariu mit Ida Jarcsek-Gaza. Ein
Parallelgespräch über die zwei Jahre ihrer Amtszeit am DSTT lehnte die ehemalige
Intendantin Alexandra Gandi aus persönlichen Gründen ab.
Wann haben Sie sich denn entschlossen, die Intendanz des DSTT zu übernehmen?
In dem Augenblick, wo einer meiner Absolventen gesagt hat, dass er nicht mehr in
Temeswar bleiben würde, wenn es mit dem Deutschen Staatstheater so weiter geht,
wie es in den letzten zwei Jahren gegangen ist. Er ist dann auch weggegangen.
Als die Studentenvorstellung "Escurial" in die DSTT-Festwoche nicht aufgenommen
wurde, habe ich mir gesagt, dass das hier so nicht weitergehen kann. Ich wurde
im Sommer gefragt, ob ich im Falle des Falles den Posten übernehmen würde, und
ich habe dann zugesagt. Für mich war es keine Überraschung.
Es wurde viel in der Temeswarer Öffentlichkeit über das Chaos diskutiert, das
in den letzten Jahren am DSTT geherrscht hat. Was haben Sie bei Ihrem
Amtsantritt hier vorgefunden?
Noch habe ich nicht alles übernommen. Ich habe in diesen Tagen zusammen mit dem
Dramaturgen des Theaters, Lucian Vãrsãndan, an der Aufstellung der kommenden
Spielzeit gearbeitet. Was machen wir? Womit eröffnen wir die Spielzeit? Was
kommt als nächstes Stück heraus? Welche Stücke können wir denn überhaupt
spielen? Man bedenke, dass ja Schauspieler weg sind. Diese rein den
künstlerischen Teil betreffenden Aspekte müssen gelöst werden. Erst nachher
widme ich mich auch den rein organisatorischen und verwalterischen Aspekten.
Wie stellen Sie sich die Spielzeit 2003/2004 vor? Was können Sie uns über die
Renovierungsarbeiten an der Bühne sagen?
Die Spielzeit hätte mit "Romulus der Große" von Dürrenmatt beginnen sollen, aber
der Regisseur hat sich zurückgezogen. Dieses Stück können wir sowieso nicht
spielen, denn kein Schauspieler des Theaters passt in die Alterskategorie, für
die das Stück gedacht ist. Für unsere jungen Schauspieler brauchen wir andere
Stücke. Was ein Dramaturg schon ein Jahr vorher macht, machen wir jetzt in einer
Woche. Das Resultat wird dann dementsprechend auch so aussehen. Wir werden auch
Fehler machen. Auf jeden Fall steht es nun fest, dass wir die Spielzeit am 24.
September mit dem Stück "Escurial" von Michel de Ghelderode eröffnen. Unsere
erste Premiere haben wir für den 14. November festgelegt und zwar mit dem Stück
"Bunbury oder keine Hochzeit ohne Ernst" von Oscar Wilde (in der Regie von
Marina Emandi Tiron). Außerdem werden wir im Oktober mit "Heute Abend: Lola
Blau" und "Pinocchio" nach Klausenburg, Neumarkt und Bistritza fahren. Im
November sind wir dann mit "Zwei Schwestern" in Berlin, Hamburg, Köln und Ulm zu
Gast. Aus den vorherigen Spielzeiten wird das DSTT wieder "Lola Blau" und
"Sibirien" aufführen. An der Wiederaufnahme der "Mutter Courage" arbeiten wir
zur Zeit.
Das Problem der Bühne ist noch immer nicht gelöst. Noch zwei-drei Monate kann
man in dem Raum spielen, aber was weiter ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Das
obere Stockwerk ist noch immer ausgebrannt und nicht gänzlich renoviert.
Außerdem ist das Arbeitskollektiv nicht vollständig. Wenn man weiß, dass ein
Schauspieler im Sommer weggeht, kann man ihm doch nicht im Herbst alle
Hauptrollen zuteilen. Außerdem sind auch andere weggegangen. Wenn von sieben
Männern zwei weggehen, ist mir das halbe Team weg. Also müssen wir mit einer
schrecklichen Spielzeit rechnen. Es wird keine Glanzspielzeit des Deutschen
Staatstheaters sein, aber ich stelle mir das so vor: In diesem Jahr werden wir
die Bedingungen vorbereiten, dass ab nächstes Jahr die notwendige künstlerische
Normalität eintritt.
Das DSTT hat in den letzten Jahren viele seiner guten Beziehungen zu
verschiedenen Institutionen aus dem In- und Ausland vernachlässigt. Wie wollen
Sie diese wieder aufbauen?
Ich hoffe, dass durch meine Person und weil ich schon seit langem zu diesem
Betrieb gehöre, die guten Beziehungen zu den jeweiligen Institutionen
schnellstens wiederaufgebaut werden und sie dann auch reibungslos funktionieren.
Es ist wichtig, dass die Agenda unserer deutschen Institutionen hier in Temeswar
übereinstimmt und wir uns nicht wie bis jetzt gegenseitig austricksen.
Was wünschen Sie sich langfristig für das Deutsche Staatstheater?
Ich will da anknüpfen, wo wir vor zwei Jahren standen. Eine solche Vorstellung
wie die "Mutter Courage" kann sich das Deutsche Staatstheater einmal in zwei
Spielzeiten leisten. Erstens, will ich, dass wir einen vielfältigen Spielplan
haben. Es muss wieder Vorstellungen für Kinder, Jugendliche und Senioren geben,
denn es gibt kein minderwertiges Genre sondern nur qualitativ schlechtes
Theater. Für mich gilt es, dem Theater wieder das Profil zu geben, das es gehabt
hat.