Peter Schuch

* 09. 07. 1925          + 17. 10. 2002 

 

SEINE  HEIMAT  WAR  DAS   THEATER

Abschied von Peter Schuch

 

Wenn der unvermeidliche Tod eines geliebten Menschen aus unserer Mitte reißt, trauert nicht nur die betroffene Familie, es trauert auch der Freundes- und Bekanntenkreis, denn es ist ein Abschied für immer und ewig.

Wenn aber ein Mann namens Peter Schuch von uns geht, so ist dies ein Ereignis, das viele betrübt. Mit der Familie und dem Freundeskreis trauern Tausende unserer Landsleute um diesen verehrten, sehr bekannten und geliebten Menschen und neigen sich im Dank vor ihm. Vor Peter Schuch, der als Schauspieler 37 Jahre dem Deutschen Staatstheater Temeswar diente, wie auch seinen Landsleuten. Denn er war ein wichtiger Faktor im Kulturleben der deutschen Minderheit in Rumänien, in den schwierigen kommunistischen Zeiten, bis zum Jahre 1990.

Geboren in einer Handwerkerfamilie in Groß-St Nikolaus, wurde er sehr bald nach seinen Schul- und Lehrjahren, im Jahre 1943, mit 18 Jahren, für die Ostfront einberufen. Er überlebte den II. Weltkrieg, wohnte und arbeitete in Temeswar in einem Textilbetrieb und spielte in einer Laiengruppe. Er liebte das Theater.

Als im Jahre 1953 das Deutsche Staatstheater gegründet wurde und es zu wenig Berufsschauspieler gab, konnten sich junge Leute stellen, die sich zur Bühne hingezogen fühlten. Peter meldete sich, bestand die Eignungsprüfung vor einer anspruchsvollen Kommission, wurde aufgenommen - und ahnte nicht, welch großen Schritt er getan hatte!

Er lieferte den Beweis, daß in den sogenannten "unteren Schichten" eines Volkes gewaltige Kräfte und Begabungen liegen, die entdeckt und gefördert, die höchsten Stufen erreichen können.

Von hoher fester Gestalt, mit klangvoller Stimme, lernwillig, fiel er bald auf. Er besuchte alle vorgeschriebenen Kurse und spielte anfänglich kleine Rollen. Aber sehr bald begann ein  Aufstieg, der uns alle, aber auch das Publikum in großes Staunen versetzte. Sein Hauptfeld war, trotz der politischen Pflichtstücke, die großen Charaktere der deutschen Klassik und der Weltliteratur! Die Reihe ist lang und so soll sich die Aufzählung auf die wichtigsten Gestalten beschränken. Von Goethe: Egmont, Götz von Berlichingen, Faust. Von Schiller: Karl Moor, in den "Räubern" und Wilhelm Tell. Hinzu kommen Lessings "Nathan der Weise", "Othello" von Shakespeare. Aus der Heimatliteratur "Meister Jakob" und "Mathias Till". Sein Können war aber nicht nur an diese Gestalten gebunden, er hatte "zwei Standbeine" für das Theater! Er war auch ein blendender und überzeugender Komödiant, in Stücken von Nestroy, Ludwig Thoma, Bernard Shaw und wieder Shakespeare und Moliere. Eine Paarung von Talenten, die nicht allgemein ist, gibt es doch viele Darsteller, die nur im Drama oder nur in der Komödie zu verwenden sind. Wenn man in Betracht zieht daß die politischen Stücke es höchstens auf 30 Aufführungen brachten, die Klassiker aber von 60 bis 100, war Peter Schuch, der auch in anderen Stücken auftreten mußte, wahrscheinlich der meistbeschäftigste Darsteller. Je älter er wurde, um so reifer wurden seine Leistungen, zumal wenn auch Regisseure aus Ost- und Westdeutschland herangezogen wurden.

Peter Schuch erhielt hohe Auszeichnungen.

Neben den Aufführungen im eigenen Hause, gab es zahllose Abstecher in die Städte und deutschen Dörfer des Banats und gegen Ende der Spielzeit eine Monatstournee durch die Städte der Siebenbürger Sachsen und Bukarest. Peter Schuch war immer dabei. Nie zeigte er Müdigkeit, als Mensch und Kollege war er ohne Allüren, für jeden Ansprechbar und hilfsbereit. Die kalten Säle in den Kulturheimen der Dörfer nahm er hin, auch den holpernden Bus und den Staub auf den schlechten Straßen zu den entlegensten Dörfer.

Dieses Theater war seine Heimat- und er wußte Bescheid über die Bedeutung seiner und unserer Arbeit: Unsere Kultur zu pflegen, und damit unsere Identität zu bewahren, deren wichtiger Faktor doch die Muttersprache ist.

37 Jahre Dienst, schwerer Dienst am Deutschen Staatstheater Temeswar.

Unterbrochen wurde diese Arbeit durch zwei Faktoren: ein ernstes Krebsleiden und der Aufstand gegen den Kommunismus. Als diese Aufstand losbrach, lag unser Freund und Kollege im Krankenhaus. Wegen den Schießereien in der Stadt, mußte seine dringende Operation von Tag zu Tag verschoben werden. Schon stand der Tod vor der Tür. Das Drama seines eigenen Lebens begann!

Ein deutscher Mediziner von Rang, Professor an der Universität Freiburg, der gekommen war, um Schwerverwundete zu retten, stand vor dem Heimflug mit drei schweren Fällen, die er nur in Freiburg behandeln konnte. Der damalige deutsche Außenminister Hans Dietrich Genscher, von Landsleuten informiert, intervenierte für Peter Schuch, der Professor aus Freiburg durfte den totkranken Schauspieler mitnehmen. Im letzten Augenblick konnte er ihn dem Tod entreißen, zum Staunen selbst der Ärzte, die beim Anblick des Schwerkranken den Kopf schüttelten.

Peter Schuch blieb in Deutschland, als Aussiedler. Verwandte waren schon hier, er war also nicht allein. Bald kam die Familie nach, ließ sich in Mönchengladbach nieder. Aber für ein geruhsames Leben im Alter gab es nur wenig Zeit. Die schwere Erkrankung seiner Frau und deren Tod waren der härteste Schlag seines Lebens. Vom Krebs war er vollkommen geheilt - aber bald kroch die zweite Erkrankung immer näher und bedrohlich heran. Er, der so gerne im Garten gearbeitet hatte, war immer mehr ans Bett gebunden. Und nun trauern wir um diesen außergewöhnlichen Menschen, der so sehr an seiner Familie hing. Aber er hatte den Trost, daß seine Nachkommen hier eine gute Heimat gefunden haben, in Deutschland, aus dem seine Vorfahren vor 250 Jahren ausgezogen waren, nach Pannonien, nach der Vertreibung der Türken.

Erlöst von aller Qual und Pein ist er heimgekehrt. Nach einem arbeits- und erfolgreichen Leben steht er als Größe vor uns, vor der wir uns verneigen.

Wenn man die 37 Jahre seiner Theaterarbeit überschaut, sehen wir einen Mann, der all seine Kräfte einsetzte, Kultur zu verbreiten, bis in das kleinste und fernste Dorf seiner Heimat. Auch dort nahm er seine Arbeit ernst, wie auf den Tourneen, auf den Gastspielen in der damaligen DDR, wo er Großes leistete.

Wir, seine Landsleute, seine Freunde und Kollegen, werden Ihm ein tiefes Gedenken, verbunden mit Dank, bewahren.

Stefan Heinz Kehrer

 

Peter Schuch in:

1. "Die Husarenkammer" von Ludwig Schwarz - Premiere am 21.03.1969

2. " Der gehörnte Ehemann" von Moliere - Premiere am 21.03.1971

3. "Urfaust"  von J. W. Goethe - Premiere am 28.02.1973

4. "Tod eines Künstlers" von H. Lovinescu - Premiere am 10.10.1975

5. "Die schöne Helena" von Peter Hacks - Premiere am 30.03.1977

6. "Emilia Galotti" - Premiere am   14.03.1978

Fotos : Archiv DSTT